Zukünfte neu entwerfen: Wie Design Fiction unser Verhältnis zu KI, Robotik und Biotechnologie verändert
Das HYBRIDBUCH erklärt, wie neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, Robotik und Biotechnologie unsere Welt verändern können, und zeigt anhand von anschaulichen Beispielen, warum wir heute schon darüber nachdenken sollten. Es geht dabei um tragbare Sensoren, die unsere Gesundheit in Echtzeit überwachen, um Roboter, die uns im Alltag helfen oder sogar pflegen, und um Biotech-Experimente, bei denen Zellen und Maschinen miteinander verschmelzen. Design Fiction, eine spezielle Methode aus dem Bereich Kunst und Design, hilft, sich diese möglichen Zukünfte vorzustellen und gleichzeitig zu fragen, wie sie unser Leben wirklich beeinflussen würden. Das HYBRIDBUCH möchte, dass sich alle Leserinnen und Leser ein eigenes Bild davon machen können, wie sehr sich unser Alltag verändern könnte, wenn wir nicht nur neue Technik erfinden, sondern sie auch bewusst gestalten und regulieren.
Im HYBRIDBUCH wird Design Fiction als zentrales Instrument vorgestellt, das sowohl künstlerische als auch wissenschaftliche und technologische Ansätze miteinander vereint. Design Fiction ermöglicht es, fiktive Objekte und Erzählungen zu schaffen, die uns aufzeigen, wie zukünftige Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Biotechnologie in unseren Alltag integriert sein könnten. Ein zentrales Referenzwerk dafür ist „Speculative Everything: Design, Fiction, and Social Dreaming“ von Anthony Dunne und Fiona Raby aus dem Jahr 2013, in dem sie aufzeigen, wie Designerinnen und Designer durch hypothetische Szenarien gesellschaftlich relevante Debatten anstoßen können. Auch Julian Bleeckers Essay „Design Fiction: A short essay on design, science, fact and fiction“ (2009) und Bruce Sterlings „Shaping Things“ (2005) bilden wichtige theoretische Fundamente, die immer wieder herangezogen werden, wenn es darum geht, fiktive Zukunftsobjekte in einem realistischen Kontext zu verankern.
Ein Schlüsselkapitel des HYBRIDBUCHS widmet sich tragbaren Sensoren, die unsere Gesundheit in Echtzeit überwachen könnten. Anhand konkreter Forschungsprojekte am MIT Media Lab, wo smarte Textilien entwickelt werden, und an der Stanford-eWEAR-Initiative, die miniaturisierte Biosensoren für kontinuierliche Vitaldatenmessung erprobt, wird dargestellt, wie nahe wir schon an Szenarien sind, die vor wenigen Jahren noch reine Science-Fiction gewesen wären. In diesem Zusammenhang wird auf Publikationen aus IEEE Pervasive Computing und der CHI-Konferenz verwiesen, in denen wissenschaftliche Studien die Chancen und Risiken solcher Sensoren beleuchten. Das HYBRIDBUCH zeigt auf, wie aus Echtzeit-Überwachung eine biopolitische Frage werden kann, weil immer mehr Daten über den Körper entstehen und zum Beispiel im Pflege- oder Versicherungsbereich eingesetzt werden könnten. Ebenso wird das Potenzial thematisiert, durch Biofeedback-Systeme Patienten mit chronischen Erkrankungen zu unterstützen oder stressbedingte Herz-Kreislauf-Probleme früher zu erkennen.
Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit Robotik und KI, insbesondere mit autonomen Service- und Pflegerobotern, die unter anderem im EU-Projekt „RoboLaw“ hinsichtlich rechtlicher und ethischer Aspekte untersucht wurden. Hier stellt das HYBRIDBUCH die zentrale Frage, wie wir unsere gesellschaftlichen Werte wahren, wenn immer mehr Entscheidungen an algorithmengetriebene Systeme delegiert werden. In diesem Bereich finden regelmäßig Konferenzen wie die HRI (Human-Robot Interaction) statt, auf denen Forscherinnen und Forscher unter anderem diskutieren, wie sich emotionale Bindungen zwischen Menschen und Robotern entwickeln könnten oder wie stark Pflege-Roboter die Privatsphäre ihrer Nutzerinnen und Nutzer einschränken dürfen. Das HYBRIDBUCH beleuchtet dabei nicht nur die technischen Details, sondern auch die kulturellen und sozialen Auswirkungen, die sich aus der weiten Verbreitung solcher Roboter ergeben.
Auf der Ebene der Biotechnologie führt das HYBRIDBUCH Beispiele aus dem Kunstkontext an, bei denen lebendes Material gezielt in Designprozesse integriert wird. Hier kommen unter anderem die Arbeiten des Künstlers Eduardo Kac ins Spiel, der mit gentechnischen Methoden das Kunstwerk „GFP Bunny“ schuf, oder das Labor SymbioticA an der University of Western Australia, wo Designerinnen und Designer in Zusammenarbeit mit Biologinnen und Biologen experimentelle Installationen realisieren. Das HYBRIDBUCH zeigt, wie solche Projekte unser Verständnis vom Leben herausfordern und uns mit Fragen konfrontieren, was es bedeutet, wenn der Mensch durch Biohacking seine eigene Biologie in die Hand nimmt. Dazu zählen auch Implantate, die nicht mehr nur Daten sammeln, sondern aktiv auf körperliche Prozesse einwirken. In diesem Kontext verweist das HYBRIDBUCH auf Biohacker-Gruppen wie Grindhouse Wetware, die bereits einfache Prototypen für subkutane Implantate erprobt haben.
Ein entscheidendes Merkmal von Design Fiction im HYBRIDBUCH besteht darin, dass Zukunftsvisionen nicht als schicksalhafte Endpunkte dargestellt werden. Stattdessen wird anhand von Projekten wie „Uninvited Guests“ oder „Drone Aviary“ des Londoner Designstudios Superflux oder den partizipativen Workshops der Extrapolation Factory aus New York gezeigt, wie Diskussionen und kritische Reflexionen zu möglichen Zukünften auch im öffentlichen Raum stattfinden können. Das HYBRIDBUCH demonstriert, dass solche Ausstellungen und Mitmach-Formate eine breite Öffentlichkeit ansprechen und komplexe technologische Themen verständlich machen können. Wenn zum Beispiel ein fiktiver Prototyp eines Drohnen-Überwachungssystems ausgestellt wird, merken Besucherinnen und Besucher schnell, dass vermeintliche Zukunftsszenarien nicht mehr weit entfernt sind.
Aus philosophischer und soziologischer Sicht greift das HYBRIDBUCH auf Theorien der Wissenschafts- und Technikforschung (STS) zurück und betont die Rolle von „Sociotechnical Imaginaries“, wie Sheila Jasanoff sie beschreibt. Diese Vorstellung besagt, dass jede Gesellschaft bestimmte Leitbilder von Technologie entwirft, die ihre Richtlinien, Gesetze und Entwicklungen prägen. Das HYBRIDBUCH zeigt, wie stark solch kollektive Vorstellungen unseren Blick auf Innovation beeinflussen und warum es entscheidend ist, alternative Ideen, Utopien und Dystopien zu entwickeln, um die Bandbreite möglicher Entwicklungen zu erkennen. Dadurch wird klar, dass Technik immer im Wechselspiel mit kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Faktoren steht.
Das HYBRIDBUCH legt dar, dass ein gemeinsames Reflektieren über die Konsequenzen neuer Technologien unverzichtbar ist, wenn wir entscheiden wollen, welche Werte und Normen unsere zukünftigen Systeme prägen. So stellt sich die Frage, wie sehr wir Datenhoheit wahren oder ob Konzerne und Institutionen die Kontrolle über sensible Gesundheitsinformationen übernehmen könnten. Ebenso diskutiert das HYBRIDBUCH, ob lernende KI-Systeme strukturelle Ungleichheiten verstärken könnten, indem sie Vorurteile in ihren Trainingsdaten reproduzieren. Diese Fragestellungen sind nicht nur für Forschende relevant, sondern für uns alle, weil technologische Infrastruktur zunehmend unseren Alltag durchdringt.
Zusammenfassend unterstreicht das HYBRIDBUCH den Wert von spekulativen Entwürfen und künstlerischen Prototypen für die öffentliche Debatte. Indem erfundene Geräte oder Situationen so dargestellt werden, als wären sie bereits real, entstehen Denk- und Handlungsräume, in denen sich Leserinnen und Leser selbst verorten können. Ob es um Gesundheitsüberwachung per Wearable, KI-gesteuerte Pflegeroboter oder Biotech-Implantate geht: Design Fiction, wie sie in den Arbeiten von Dunne & Raby, Bleecker, Sterling, Superflux oder SymbioticA angelegt ist, hilft, gesellschaftliche Fragen frühzeitig sichtbar zu machen und mögliche Fehlentwicklungen abzuwenden. Das HYBRIDBUCH appelliert schließlich daran, dass Zukunft nichts ist, was uns einfach passiert, sondern etwas, das gemeinsam ausgehandelt werden muss, wenn wir eine faire, diverse und kreative Gesellschaft anstreben.