Speculative Everything: Design, Fiction, and Social Dreaming - Anthony Dunne und Fiona Raby

„Speculative Everything: Design, Fiction, and Social Dreaming“ von Anthony Dunne und Fiona Raby fordert dazu auf, Design als kreatives Instrument für gesellschaftliche Diskussionen zu nutzen. Die Autorinnen und Autoren gehen über reine Problemlösungen hinaus und entwerfen Szenarien, die zum Nachdenken über unser Zusammenleben und unsere Zukunft anregen. Mit Hilfe von Design-Fiktionen zeigen sie, wie Technik, Umwelt und Politik auf unerwartete Weise zusammenhängen können. Indem sie provokative Entwürfe schaffen, eröffnen sie neue Perspektiven auf ethische und soziale Fragen. So verändert sich Design von einem rein praktischen Handwerk zu einer Form, die uns beim Träumen und Umdenken unterstützt.

Hintergrund und Motivation Anthony Dunne und Fiona Raby haben sich in der Designwelt bereits einen Namen gemacht, indem sie den Fokus vom reinen Produktdesign auf die gesellschaftliche Wirkung von Gestaltung gerichtet haben. In „Speculative Everything“ knüpfen sie an ihre früheren Konzepte des „Critical Design“ an und gehen noch einen Schritt weiter. Sie möchten Designerinnen und Designer dazu ermuntern, nicht nur hübsche oder nützliche Objekte zu entwickeln, sondern auch Gedankenspiele und Visionen, die aktuelle Normen in Frage stellen. Dieser Ansatz ist eine Antwort auf die zunehmende Komplexität unserer Welt, in der Technik und Politik unsere Lebensumstände in noch größerem Ausmaß prägen als je zuvor.

Zentrale Ideen: Spekulatives Design und Design-Fiktion Das Buch erklärt, wie spekulatives Design und sogenannte Design-Fiktionen genutzt werden können, um den Blick in mögliche Zukünfte zu öffnen. Statt neue Produkte für den Konsum zu entwickeln, erschafft man hypothetische Entwürfe, die ungewohnte Fragen aufwerfen: „Was passiert, wenn wir in einer Welt leben, in der Künstliche Intelligenz nicht nur unsere Geräte steuert, sondern auch unsere Lebensentscheidungen beeinflusst?“ oder „Welche Ernährungsmöglichkeiten hätten wir, wenn die Landwirtschaft durch extreme Klimaveränderungen radikal umgestaltet würde?“ Diese Fiktionen müssen nicht realisierbar sein, sondern sollen Menschen zum Nachdenken bringen und bestehende Denkmuster aufbrechen. Gesellschaftliche Verantwortung Dunne und Raby betonen die Rolle von Design als Mittler zwischen Technologie und Gesellschaft. Wenn Designerinnen und Designer nur marktgerechte Lösungen liefern, bleiben wichtige Fragen oft unbeachtet. Spekulatives Design hingegen zeigt, dass Gestaltung immer auch politische Dimensionen hat. Ein Beispiel im Buch ist das Szenario „Foragers“, bei dem Menschen mit Apparaten ausgestattet werden, die ihnen helfen, sonst unverdauliche Pflanzen zu essen. Hier geht es um mögliche Antworten auf eine globale Lebensmittelkrise. Die eigentliche Botschaft liegt jedoch darin, wie wir heute mit Ressourcen umgehen und welche Konsequenzen unser Handeln für künftige Generationen haben könnte.

Kulturelle und philosophische Bezüge Um neue Ideen zu entwickeln, greifen Dunne und Raby auch auf Konzepte aus der Philosophie, Literatur und Kunst zurück. Sie lassen sich etwa von Science-Fiction-Geschichten inspirieren, weil diese oft futuristische Gesellschaftsmodelle entwerfen und damit Grenzen des Vorstellbaren verschieben. Philosophen wie Michel Foucault oder Bruno Latour dienen ihnen als wichtige Gesprächspartner, um die Zusammenhänge zwischen Wissen, Macht und Gestaltung zu verstehen. So entsteht eine interdisziplinäre Sichtweise, die zeigt, dass Design nicht isoliert existiert, sondern von kulturellen und ethischen Überlegungen durchdrungen ist.

Beispiele aus dem Buch Eines der bekanntesten Beispiele für spekulatives Design von Dunne und Raby sind Prototypen, die vermeintlich zeigen, wie sich Lebewesen durch neue Technologien verändern könnten. In einem Entwurf werden künstlich erschaffene Tiere vorgestellt, die spezielle Aufgaben im Dienste des Menschen erfüllen sollen – zum Beispiel als medizinische Helfer oder militärische Einheiten. Der Clou dabei ist, dass solche Ideen auf den ersten Blick faszinierend wirken, aber beim genaueren Hinsehen sofort ethische Fragen aufwerfen: Wie sehr dürfen wir in natürliche Prozesse eingreifen? Und was bedeutet das für unser Verständnis von Tierwohl oder Artenvielfalt? Auch Projekte wie „United Micro Kingdoms“ werden erwähnt, in denen Großbritannien in vier kleine „Mikroreiche“ aufgeteilt wird, die jeweils ganz eigene Regeln, Technologien und Lebensweisen haben. Dieser spielerische Ansatz zeigt, wie unterschiedlich sich eine Gesellschaft entwickeln könnte, wenn bestimmte Ideologien oder Technologien in den Vordergrund rücken. Wer sich mit diesen Szenarien befasst, entdeckt neue Blickwinkel auf Themen wie ökologische Nachhaltigkeit, politische Systeme oder wirtschaftliche Strukturen.

Wirkung und Ausblick Durch solche provokanten Beispiele wollen Dunne und Raby nicht nur Designerinnen und Designer zum Umdenken bewegen, sondern auch ein breiteres Publikum. Indem sie mögliche Zukünfte in Szene setzen, können Diskussionen angestoßen werden, die sonst kaum stattfinden würden. So wird Design zum Werkzeug, das uns hilft, auf gesellschaftliche Veränderungen vorbereitet zu sein oder sie sogar mitzugestalten. Die Autorinnen und Autoren machen deutlich, dass wir in einer Welt leben, in der die Folgen von Technologie und Politik uns alle betreffen – und dass wir deshalb lernen müssen, uns spekulative und vielleicht auch utopische Fragen zu stellen.

spekulatives design, critical design, design-fiktion, gesellschaftliche vision, ethische fragestellungen, technologische entwicklung, ressourcenknappheit, future scenarios, philosophische einflüsse, interdisziplinarität, künstlerische methoden, politische dimension, wissenschaftlicher diskurs, kulturkritik, alternative lebensweisen, provokative entwürfe, zukunftsforschung, design als kritik, narratives design, diskursanstoß,