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Catherine D’Ignazio, Lauren F. Klein

Data Feminism

„Data Feminism“ entwickelt eine kritische Perspektive auf Datenpraktiken, die feministische Theorie und soziale Gerechtigkeit ins Zentrum stellt. D’Ignazio und Klein zeigen auf, wie Macht in Daten steckt – und wie Datenarbeit anders, gerechter und inklusiver gedacht und gestaltet werden kann.

Catherine D’Ignazio und Lauren F. Klein legen mit „Data Feminism“ ein Grundlagenwerk der kritischen Datenpraxis vor. Ihre zentrale These: Daten sind niemals neutral. Sie sind Ausdruck gesellschaftlicher Machtverhältnisse und können bestehende Ungleichheiten verstärken – oder gezielt sichtbar machen und transformieren.

Das Buch verknüpft feministische Theorie, Intersektionalität und soziale Bewegungen mit einer Analyse aktueller Datenpraktiken. Es ist kein technisches Handbuch, sondern eine politische Intervention gegen eine technokratische, vermeintlich objektive Datenkultur. Die Autorinnen zeigen anhand konkreter Fallstudien – etwa Predictive Policing, Gesundheitsdaten von Transpersonen oder die Sichtbarmachung von Feminiziden in Mexiko – wie Daten genutzt werden, um zu kontrollieren oder zu befreien.

Ein zentrales Anliegen ist die Kritik an „Datenkolonialismus“: der systematischen Aneignung von Daten durch Unternehmen oder Staaten, oft ohne Einverständnis, Kontext oder Rückbindung an die betroffenen Gemeinschaften. D’Ignazio und Klein argumentieren, dass der Umgang mit Daten nur dann gerecht sein kann, wenn Machtverhältnisse explizit reflektiert werden – und wenn marginalisierte Perspektiven in den Mittelpunkt gestellt werden.

Dabei geht es nicht nur um Repräsentation, sondern um strukturelle Veränderung: Wer erhebt welche Daten, wer hat Zugriff, wer interpretiert sie, und wofür werden sie verwendet? Die Autorinnen kritisieren den Mythos der Objektivität und fordern stattdessen eine Position der „situated knowledge“ nach Donna Haraway: Daten müssen immer im Kontext ihrer Entstehung, Interessenlagen und Auswirkungen verstanden werden.

„Data Feminism“ schlägt praktische Prinzipien für eine gerechtere Datenpraxis vor – etwa kollaborative Datenerhebung, partizipatives Design, offene Infrastrukturen oder das bewusste Nicht-Erheben bestimmter Daten, wenn sie Schaden verursachen könnten. Diese Prinzipien basieren auf einem Verständnis von Care, Verantwortung und relationaler Ethik.

Ein Beispiel ist die Analyse der Gender Pay Gap-Daten: Die Autorinnen zeigen, wie bereits bei der Datenerhebung Kategorien verzerrt sein können – etwa durch binäre Geschlechtermodelle – und wie alternative Erhebungs- und Visualisierungsformen neue Perspektiven eröffnen. Ebenso diskutieren sie Projekte wie das „Auntie Sewing Squad“, in dem Community-basierte Datenarbeit in der Pandemie sichtbar wird.

„Data Feminism“ fordert nicht nur andere Tools oder Methoden, sondern eine andere Haltung gegenüber Wissen, Macht und Technologie. Es schlägt eine Brücke zwischen Wissenschaft, Aktivismus und Gestaltung – und formuliert ein radikal inklusives Verständnis davon, was es heißt, mit Daten zu arbeiten. Ein Buch, das sich nicht mit Korrekturen zufriedengibt, sondern auf Transformation zielt.


QUELLE / ISBN - 9780262044004

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