Weltentwerfen. Eine politische Designtheorie
In Weltentwerfen entwickelt Friedrich von Borries eine politische Designtheorie, die Design nicht als Gestaltung von Dingen, sondern als Gestaltung von Möglichkeiten versteht. Design wird hier zum Mittel der Weltgestaltung und zur Frage politischer Imagination, mit dem Ziel, neue Zukünfte zu entwerfen und zu ermöglichen.
Friedrich von Borries versteht Design in diesem Buch radikal neu: nicht als ästhetische oder funktionale Objektgestaltung, sondern als politisches Werkzeug zur Imagination und Gestaltung von Welten. Design wird zu einem Mittel gesellschaftlicher Veränderung – nicht mehr nur auf Produktebene, sondern auf systemischer und kultureller Ebene.
Im Zentrum steht die These, dass jedes Design immer auch ein „Weltentwurf“ ist – jede Gestaltung beruht auf bestimmten Weltbildern, Normen und Zielen. Wer also gestaltet, beeinflusst, wie Menschen denken, handeln und sich zur Welt verhalten. Damit wird Design unweigerlich politisch, auch wenn es sich als „neutral“ oder „technisch“ ausgibt.
Von Borries entfaltet seine Theorie in einem interdisziplinären Feld zwischen Architektur, politischer Theorie, Philosophie und Kulturwissenschaft. Er beruft sich u. a. auf Hannah Arendt, Michel Foucault, Bruno Latour und Vilém Flusser, um die Verantwortung und Wirkmächtigkeit des Gestaltens herauszuarbeiten. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Frage, wie durch Design Alternativen zum Status quo sichtbar und lebbar gemacht werden können – etwa durch spekulatives oder kritisches Design.
Er zeigt anhand konkreter Beispiele, wie Gestaltung als politischer Akt funktionieren kann – etwa in der Stadtplanung, bei sozialen Interventionen oder im Aktivismus. So analysiert er Projekte, die alltägliche Ordnungen infrage stellen oder utopische Möglichkeitsräume öffnen. Diese Formen des „Entwerfens von Alternativen“ begreift von Borries als zentral für jede demokratische Gesellschaft, die sich ständig neu erfinden muss.
Ein wiederkehrendes Motiv ist das Spannungsverhältnis zwischen dem Machbaren und dem Denkbaren: Design operiert immer im Feld des Möglichen, es kann bestehende Strukturen stützen oder transformieren. Diese Doppelrolle – affirmativ und kritisch zugleich – macht Design zu einem ambivalenten, aber kraftvollen Medium.
Gleichzeitig kritisiert von Borries den neoliberalen Zugriff auf Design als reines Innovationsinstrument und fordert eine Rückbesinnung auf das emanzipatorische Potenzial der Gestaltung. Designerinnen und Designer müssen sich nach seiner Auffassung ihrer Verantwortung als „Weltentwerfende“ bewusst sein – und aktiv Stellung beziehen.
Das Buch stellt keine abschließende Theorie auf, sondern öffnet einen Denkraum: Wie kann Gestaltung dazu beitragen, dass eine andere Welt denkbar, erfahrbar und möglich wird? Wie können Gestaltungsprozesse Räume für Dissens, Vielfalt und Veränderung schaffen?
Weltentwerfen ist ein manifestartiger Beitrag zur Debatte um Design und Gesellschaft. Es richtet sich nicht nur an Gestalter*innen, sondern an alle, die Gestaltung als kulturelle, soziale und politische Praxis begreifen – und neu denken wollen.
QUELLE / ISBN - 978-3-518-12734-6
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